Was ist eigentlich Toleranz? (1)

Wo immer eine Moschee gegen den Willen der ansässigen Bevölkerung gebaut werden soll, wird von Politik, Medien und Klerus unisono „Toleranz angemahnt“. Auffallend ist dabei die niedrige Toleranzschwelle der Toleranzapostel gegenüber Kritikern, von denen sie völlig selbstverständlich die stoische Hinnahme einer als falsch erkannten Weichenstellung fordern. Wer sich gegen die fortschreitende Islamisierung seiner sozialen Umwelt wehrt, wird von dieser ehrenwerten Gesellschaft rabiat der „Intoleranz“ geziehen – und trifft unweigerlich auf die gnadenlose Intoleranz der Toleranzapostel.

Das wirft die Frage auf: Was ist eigentlich Toleranz? Und, verstehen die heutigen Toleranzapostel darunter vielleicht etwas völlig anderes als Otto Normalbürger?

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Die naturwissenschaftliche Definition von Toleranz

Ein guter Ausgangspunkt zur Klärung der Frage, was mit Toleranz „eigentlich“ gemeint ist, ist die naturwissenschaftlich-technische Definition des Begriffs, wonach unter Toleranz

die zulässige Abweichung von vorgegebenen Sollwerten, welche die Funktion des Gesamtsystems noch nicht stört

verstanden wird. Beispiele sind etwa das zulässige Gesamtgewicht eines Autos, das nur in bestimmten Grenzen überschritten werden darf, ohne daß das Vehikel zusammenbricht. Oder die Alkoholtoleranz eines Menschen, die Trockenheitstoleranz von Pflanzen usw. Immer geht es um den Funktionserhalt eines Systems angesichts divergierender Kräfte – was sich auch auf die Gesellschaft anwenden läßt. Dann stellt sich etwa die Frage: Wieviel Fremdheit, wieviel Abweichung von den Normen ihrer Leitkultur (Sollwerte) verträgt beispielsweise unsere „offene“ Gesellschaft, ohne zu kollabieren?

„In jedem Lexikon bezeichnet Toleranz die Grenzen, innerhalb derer fremde, irrige, anstößige oder gefährliche Elemente in etwas aufgenommen werden können, ohne dieses zu zerstören – ob es sich bei der in Fragen stehenden Entität nun um Wahrheit, strukurelle Stimmigkeit, Gesundheit, G e m e i n s c h a f t oder das Überleben eines Organismus handelt. … Die Grenzen der Toleranz werden sodann danach beurteilt, wieviel von diesem Schaden oder dieser Fremdheit aufgenommen werden kann, ohne das Objekt, den Wert, die Behauptung oder den Körper zu zerstören.“[1]

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Der subversive Toleranzbegriff Herbert Marcuses

Bildquelle: Wiki Commons

Wer sich heute über die Intoleranz der Toleranzapostel wundert, ist sich nicht über die Umdeutung des klassischen Toleranzbegriffs im Zuge der 68er-Kulturrevolution im Klaren, deren Kinder jene Narren sind. Es war Herbert Marcuse, der Dalai Lama der Studentenrevolte, der in seinem einflussreichen Essay „Repressive Toleranz“ (dt. 1966) zeigte, wie sich die bürgerlich-liberale Tugend der „Duldsamkeit“ in eine Waffe der Revolution umschmieden läßt. Ziel sei es, die „Tyrannei der Mehrheit“ zu brechen – das demokratische Mehrheitsprinzip -, wozu „Intoleranz gegenüber den herrschenden politischen Praktiken, Gesinnungen und Meinungen“ als Voraussetzung wahrer, links-subversiver Toleranz notwendig sei. Diese wiederum beinhalte die Ausdehnung der Toleranz auf politische Praktiken, Gesinnungen und Meinungen, die von der Mehrheit abgelehnt werden. Damit waren randständige Minderheiten wie Straffällige, Studenten und Zuwanderer als „neues revolutionäres Subjekt“ gemeint (Marcuses berühmte „Randgruppentheorie“), welche dem bestehenden System anders als die durch Wohlstand korrumpierte Arbeiterschaft potentiell feindlich gegenüberstehen.

Flankiert werden müsse diese subversive „Toleranz“ durch „Intoleranz gegenüber Bewegungen von rechts … und Duldung von Bewegungen von links“. Insbesondere sei Intoleranz vor allem gegenüber den Konservativen und der politischen Rechten“ zu üben – und zwar ausdrücklich „auch gegenüber dem Denken, der Meinung und dem Wort“.

Das kommt uns irgendwie bekannt vor. Es ist die Blaupause unserer heutigen gesellschaftlichen Realität, die im Westen der Republik durch den geringsten Grad an geistiger Freiheit seit 1945 gekennzeichnet ist.

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Daß es sich bei der heute propagierten „Toleranz“ gar nicht um Toleranz handelt, sondern gewissermaßen um ein Zersetzungsenzym, zeigt der Abgleich mit der technischen Toleranzdefinition. Statt einer „zulässigen Abweichung von vorgegebenen Sollwerten, welche die Funktion des Gesamtsystems noch nicht stört“, sollen Abweichungen installiert werden, welche das Gesellschaftssystem nicht nur stören, sondern womöglich zerstören. Das war der geniale Einfall Herbert Marcuses, dessen Schüler heute an den Schalthebeln sitzen. Das erklärt ihre Intoleranz. Vor allem macht es uns deutlich, daß das ständig heruntergeleierte Toleranz-Mantra etwas ganz anderes meint als die bürgerlich-liberale Tugend der Duldsamkeit. Zu deren wichtigsten Charakteristika – über welche sich alle seriösen Toleranzforscher einig sind – gehören

  • Ablehnungskomponente
  • Akzeptanzkomponente
  • Grenzen
  • Freiwilligkeit
  • Wechselseitigkeit

Mit anderen Worten: Toleranz erfordert, daß ich etwas (er)dulde, was ich (u.U. zutiefst) ablehne. Ich akzeptiere positive Gründe hierfür, z.B. die Wahrung des gesellschaftlichen Friedens. Das funktioniert aber nur, wenn ich aus freien Stücken zu dieser Duldung bereit bin (erzwungene Toleranz ist keine) und wenn gewisse Grenzen der Toleranz gewahrt werden („keine Toleranz gegenüber Intoleranten“, Karl Popper). Vorbedingung für alles ist schließlich, daß die beteiligten Parteien wechselseitig Toleranz üben.

Der Blick auf die gesellschaftliche Wirklichkeit unserer Tage zeigt, daß die Rede von Toleranz eine Einbahnstraße ist, die der Durchsetzung des linken Projekts einer radikalen Gesellschaftsveränderung dienen soll. Kein einziges der fünf genannten Charakteristika ist erfüllt. Es handelt sich also gar nicht um Toleranz, sondern um die Erzwingung der Hinnahme illegitimer Herrschaft einer kulturhegemonial auftretenden Minderheit. Worüber zu reden wäre, wäre dagegen ein neuer, „konstruktiver“ statt subversiver Toleranzbegriff.

Fortsetzung: Plädoyer für eine konstruktive statt subversive Toleranz.

s.a. Was heißt „toleranter Islam, dem Toleranz gebührt“?

s.a. Westliche Toleranz & islamischer Herrschaftsanspruch


[1] Wendy Brown: Reflexionen über Toleranz im Zeitalter der Identität, S. 265 (Hervorhebung SE); in: Forst, Rainer (Hg.): Toleranz. Philosophische Grundlagen und gesellschaftliche Praxis einer umstrittenen Tugend; Frankfurt a.M./New York 2000, S. 257-281.

 

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6 Antworten zu Was ist eigentlich Toleranz? (1)

  1. Jacques Auvergne schreibt:

    Vielen Dank für diesen Text. Eine derart kenntnisreiche und sorgfältige Analyse des Begriffes der ‚Toleranz‘ – einschließlich dessen erpresserisch-missbräuchlicher Verwendung gegen uns Kritiker der islamischen Herrschaftskultur – war überfällig.

    Jacques Auvergne

  2. Toranaga schreibt:

    Toleranz ist wenn man als Kuffar beide Backen den neuen Herrenmenschen hinhält.

    • Leo schreibt:

      Hi Toranaga , die toleranz die zum Fressen der Untoleranz (Islam) wird ist nur eine Unterwerfungsideologie sprich gleich ein Idiotikon, ein Clautia Roth sches
      dig dong.

  3. StudiVZler schreibt:

    http://www.jungefreiheit.de/Single-News-Display.154+M5a5e9f12740.0.html

    Internetportal StudiVZ löscht konservative Inhalte
    Von Torsten Uhrhammer

    Das Internetportal studiVZ übt sich in Zensur Foto: JF
    BERLIN. Auf der Internet-Plattform StudiVZ ist es in den vergangenen Tag erneut zur Löschung konservativer und rechter Gruppen gekommen. Betroffen war auch die Gruppe von Lesern der JUNGEN FREIHEIT.

    StudiVZ ist eines der größten webbasierten sozialen Netzwerke in Deutschland und im Besitz der Holtzbrinck Networks. Die momentan über zehn Millionen registrierten Mitglieder können sich dort zu sogenannten Gruppen zusammenschließen, die die unterschiedlichsten Interessenschwerpunkte – darunter auch Politik – umfassen und sich dabei mit Gleichgesinnten in eigenen Foren austauschen.

    Die politische Landschaft ist vielfältig und so gibt es neben diversen Gruppen von Anhängern der SPD, Grünen und CDU auch Ableger der vom Verfassungsschutz als linksextrem eingestuften Deutschen Kommunistischen Partei (DKP), eine Plattform deutsch-türkischer Kommunisten sowie Unterstützer der in Deutschland als kurdische Terror-Organisation verbotenen PKK.
    Nutzer kritisieren „intransparente Aktionen“

    Gelöscht wurden jetzt Gruppen, die sich positiv auf die Bürgerbewegung Pro Köln und den von ihr veranstalteten Anti-Islamisierungskongreß vom vergangenen Wochenende bezogen. Ohne jegliche Vorwarnung wurden die Gruppen aufgelöst, berichtet Manuel Gambietz. Der StudiVZ-Nutzer ist enttäuscht von den „intransparenten Aktionen“ bei StudiVZ.

    Der auf dol2day.de – einer großen mit dem Grimme-Preis ausgezeichneten Politikplattform – zum „Internetkanzler“ gewählte Gambietz war nicht der einzige, der derart überrascht wurde. Gleich mit seinem ganzen account (also seinem virtuellen Dasein bei StudiVZ) wurde Martin Schöppe gelöscht. Auch hier ohne Vorwarnung und Begründung, sagte Schöppe gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. Beide berichten von überraschend angenehmen Diskussionen, die sich bei StudiVZ mit Usern muslimischen Glaubens ergeben hätten.

    Warum StudiVZ gegen Diskussionen vorgeht, die helfen, gegenseitige Vorurteile abzubauen, machte die beiden besonders stutzig. Schöppe, der auch Jugendbeauftragter von Pro Köln ist, berichtete von massiven Beleidigungen gegen ihn, die sich auf seiner sogenannten Pinnwand – einer Art Gästebuch – wiederfanden. „Dagegen wurde jedoch von StudiVZ nichts unternommen“, beschreibt Schöppe die aus seiner Sicht „doppelten Standards“ der Administratoren.

    Bereits zum dritten Mal war auch die Gruppe der Leser der JUNGEN FREIHEIT bei StudiVZ von der Löschaktion betroffen. Auch hier scheint ein Zusammenhang zum Anti-Islamisierungskongreß zu bestehen. Dieser wurde in einem Diskussionsfaden der Gruppe ausführlich besprochen. Auch hier geschah die Löschung ohne Vorwarnung und nachträgliche substantielle Begründung.

    Auf Nachfrage erhielt der Gründer lediglich eine vorgefertigte Standardmail, er habe rechtsradikales Gedankengut verbreitet welches nicht geduldet würde. Bei einer vorangegangenen Löschung der JF-Gruppe erklärten die Administratoren, daß es sich dabei um ein „Versehen“ von Praktikanten gehandelt hätte.
    Mitarbeiter von StudiVZ erklärten gegenüber der JUNGEN FREIHEIT, daß das Hauptproblem darin bestünde, daß es „keine Kontrollmechanismen für die Löschungsbevollmächtigten“ gebe. So seien häufig „Übereifrige“ in der Lage autark zu entscheiden wer und wann gelöscht würde. Mehrfach hätte man gegenüber der Geschäftsleitung vorgeschlagen, doch ein Gremium zu bilden und die Löschungen besser abzusprechen und den Nutzern transparenter zu machen. Doch bisher hätte es auf diesen Vorschlag keine Reaktion gegeben.

    Dirk Hensing, Chef der Unternehmenskommunikation bei StudiVZ gab gegenüber der JF nur eine allgemeine Antwort wonach Mobbing, Verleumdung und rechtswidrige Inhalte bei StudiVZ nicht gestattet sind. Hensing verweist auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und „unseren Verhaltenskodex“, dem jeder Nutzer bei der Anmeldung zustimmen muß. „Alle Fälle, die uns bekannt sind, werden sofort überprüft und entsprechende Gruppen oder Nutzerprofile werden gelöscht”, sagte Hensing weiter.

    Eine Nachfrage bei Nutzern der inkriminierten Gruppen ergab jedoch, daß von „Mobbing, Verleumdung und rechtswidrigen Inhalten“ niemand etwas mitbekommen hatte. Daß die Argumentation Hensing nur vorgeschoben ist, bewiese nach Aussage von Schöppe, daß auch eine Gruppe namens Pro Wesel gelöscht wurde. Der Witz: In ihr soll es nicht einen einzigen Wortbeitrag gegeben haben.

  4. Pingback: Was ist eigentlich Toleranz? (2) « Etzel’s Blog

  5. Dieter Schimmelpfennig schreibt:

    Vielen Dank für diesen Beitrag, der mir sehr in eigener Recherche geholfen hat. Als Tipp in Ergänzung möchte ich weitergeben: Aufsatz Professor Peter Gerdsen, Hamburg „Der Begriff Toleranz in seiner Bedeutung für die Gesellschaft
    aus christlicher Sicht“ ebenso ein Interview mit Prof. Gerdsen zum Thema „Toleranzbegriff – ein Schlüsselbegriff unserer Gesellschaft?“ unter http://www.treff-am-kreuz.de unter tak-audio-archiv als mp3.

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